-
Gemeinsamer Auftrag zur sprachlichen Bildung
Entsprechend der Empfehlungen der KMK (2019, S. 4) ist „Sprachliche Bildung (…) Querschnittsaufgabe aller an schulischer Bildung Beteiligten und durchgängiges Unterrichtsprinzip in allen Fächern, Lernbereichen und Lernfeldern; entsprechende Angebote des Ganztags bieten hier zusätzliche Potentiale“. Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe von Schule, alle Schülerinnen und Schüler entlang ihrer gesamten Bildungsbiografie durch einen sensiblen Gebrauch von Sprache individuell zu unterstützen.
2.1 Stärkung der Bildungs- und Fachsprache bei allen Schülerinnen und Schülern
Schulischer Erfolg wird maßgeblich durch bildungssprachliche Kompetenzen mitbestimmt. Bildungssprache darf aber nicht vorausgesetzt werden, sondern muss in der Schule in gemeinschaftlicher Verantwortung aller Lehrkräfte und weiterer pädagogisch in Schule und im Ganztag Tätigen systematisch auf- und ausgebaut werden. Der Aufbau bildungssprachlicher Kompetenzen ist daher im Rahmen schulischer Sprachbildung übergreifendes Bildungsziel während der gesamten Schulzeit, über alle Schulformen, Fächer und Lernbereiche hinweg und bezieht alle sprachlichen Ressourcen ein.
Da die Unterrichtssprache Deutsch ist, ist es Aufgabe aller Lehrkräfte, die deutsche Bildungssprache zu stärken und an die zunehmende Komplexität der sprachlichen Anforderungen in der Schule heranzuführen. Zugleich sind über die deutsche Sprache hinaus auch die bildungssprachlichen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler in den Herkunfts- und Fremdsprachen aufzubauen und weiterzuentwickeln und Mehrsprachigkeit in der Schule gezielt zu stärken (vgl. Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW (2022): Pädagogische Orientierung zur sprachlichen Bildung. Sprachbildung für ein- und mehrsprachig aufwachsende Schülerinnen und Schüler in der Primarstufe und Sekundarstufe I in NRW.). Denn der Zugang zur Bildungssprache und Schrift der Herkunftssprache(n) sowie weiterer Sprachen wirkt sich nachweislich positiv auf Sprachbildungsprozesse im Deutschen, auf das fachliche Lernen und auf zukünftige individuelle Möglichkeiten in einer globalisierten Welt aus.
Hinzu kommt, dass es in den einzelnen Unterrichtsfächern und Lernbereichen einen bestimmten Fachwortschatz, wie die Bezeichnung verschiedener Sportgeräte oder Bewegungsabläufe, und fachspezifisch bestimmte Textsorten gibt, wie beispielsweise Bewegungsbeschreibungen, Regelwerke oder Berichte im Sport. Diese spezifische Sprache bildet die so genannte Fachsprache. Sie findet in fachspezifischen Kontexten Anwendung und ist erforderlich, um fach- und situationsspezifische Zusammenhänge zu verstehen und selbst zu produzieren. Da Fachsprache in den verschiedenen Fächern erst erlernt werden muss und gezielt auszubauen ist, ist es Aufgabe der jeweiligen Fachlehrkräfte, die Schülerinnen und Schüler systematisch an die sprachlichen Anforderungen im jeweiligen Fach- und Situationskontext heranzuführen.2.2 Deutschförderung von neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern
Damit neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler möglichst zeitnah erfolgreich am Regelunterricht teilnehmen können, benötigen sie hinreichende Kenntnisse in der deutschen Sprache (BASS 13-63 Nr. 3). Sie erhalten daher eine spezifische Deutschförderung zum Erlernen der deutschen Sprache, damit sie perspektivisch erfolgreich am Unterricht teilnehmen und einen Schulabschluss erwerben können.
Die Schule entscheidet individuell darüber, ob die Deutschförderung von Neuzugewanderten in innerer, in teilweise äußerer oder in vollständig äußerer Differenzierung vorgenommen wird. Unabhängig der besuchten Schulform und schulorganisatorischen Differenzierungsform innerhalb der Schule ist vorrangiges Ziel der Deutschförderung von Neuzugewanderten, neben alltagssprachlichen Kenntnissen bildungs- sowie fachsprachliche Kompetenzen in der deutschen Sprache aufzubauen, indem sprachliches sowie fachliches Lernen miteinander verbunden und Mehrsprachigkeit zielgerichtet einbezogen wird. Für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler, die nicht alphabetisiert sind, kommt zusätzlich die Alphabetisierung ins lateinische Schriftsystem als grundlegende Aufgabe hinzu.
Zu berücksichtigen ist, dass für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler, die Deutsch in der Schule lernen, gesteigerte und komplexe (Doppel-)Anforderungen im Unterricht gelten, da sie die Fachinhalte wie alle anderen und zugleich auch die (Zweit-)Sprache Deutsch lernen müssen. Bei einigen Schülerinnen und Schülern kommt erschwerend noch die Alphabetisierung hinzu. Um diese mehrfachen Anforderungen bewältigen zu können, müssen im Unterricht spezifische Bedingungen geschaffen werden und eine Verzahnung zur Förderung erfolgen. Darüber hinaus sollte Rücksicht auf die Lernzeit bis zum Erwerb der deutschen Bildungssprache auf dem geforderten Niveau genommen werden, die für das Erreichen eines bildungssprachlichen Niveaus in der Zweitsprache Deutsch fünf bis zehn Jahre dauert.
Auch wenn der Deutschunterricht die zentrale Verantwortung zum Aufbau alltags- und bildungssprachlicher Kompetenzen trägt, sind im Sinne einer ganzheitlichen Sprachbildung und Deutschförderung auch alle weiteren Lehrkräfte und pädagogisch Tätigen dafür zuständig, die bildungs-sprachlichen Kompetenzen von neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern im Deutschen und die jeweiligen fachsprachlichen Kompetenzen auf- sowie auszubauen.
Damit wird der Grundstein gelegt, dass diese Schülerinnen und Schüler nach der Zuordnung zu einem Bildungsgang den geforderten sprachlichen Anforderungen der jeweiligen Jahrgangsstufe entsprechen können.
Im Anschluss an die Zuweisung in einen Bildungsgang bleibt der Ausbau bildungs- und fachsprachlicher Kompetenzen in der deutschen Sprache im Sinne der ganzheitlichen Sprachbildung bei neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern fortzuführen und bei Bedarf um spezifische Deutschförderung zu ergänzen.
Die Deutschförderung – und bei Bedarf auch Alphabetisierung – ergänzt somit sinnvoll Maßnahmen sprachlicher Bildung, die sich an alle Schülerinnen und Schüler richten und auch neben dem Deutschen weitere Sprachen einbeziehen. In diesem Zusammenhang bieten Bewegungsangebote niedrigschwellige Möglichkeiten, um die deutsche Alltags- und Bildungssprache unter Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit aufzubauen, zu festigen und weiterzuentwickeln.© 2024 MSB.NRW