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8. Idealtypische Progression der Deutschförderung
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Die schulorganisatorischen Regelungen zur Beschulung neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler gemäß dem Runderlass gehen von der Annahme aus, dass zu einer zeitgemäßen Schulentwicklung im Sinne des Referenzrahmens für Schulqualität NRW insgesamt von einer sprachbildenden Unterrichtskultur auszugehen ist. Demnach berücksichtigt jede Unterrichtsstunde bei der Planung, Durchführung und Reflexion neben der fachlich-inhaltlichen und methodisch-sozialformbezogenen auch eine fach- und bildungssprachliche Progression (vgl. hierzu den Orientierungsrahmen für Unterrichtsbeobachtung mit dem Fokus Sprachbildung unter: https://www.bra.nrw.de/system/files/media/document/file/orientierungsrahmen_sprachbildung_webua.pdf).
Demnach ergibt sich eine für den Zweitspracherwerb typische und für die Lehrperson durchaus anspruchsvolle Unterrichtssituation: Der gesteuerte Spracherwerb in gezielt hierauf ausgerichteten Unterrichtssituationen ist mit dem ungesteuerten Zweitspracherwerb in alltäglichen Handlungssituationen zu synchronisieren.
Der gesteuerte Zweitspracherwerb findet gemäß dem Runderlass des Ministeriums für Schule und Bildung „Integration und Deutschförderung neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler“ (hier: Nummer 3.7.1) im Rahmen eines Differenzierungsunterrichts im Umfang von 10 bis 12 Wochenstunden statt.
Gegenstand dieses Unterrichts ist die gezielte Aneignung der Tiefenstrukturen des deutschen Sprachsystems, also der grammatischen Strukturen der Wörter und Satzelemente unter besonderer Berücksichtigung der Herkunftssprache(n) der neu zugewanderten Schülerinnen und Schüler. Alles, was sich neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler außerhalb dieser gesteuerten Erarbeitung aneignen, wird als ungesteuerter Deutscherwerb bezeichnet, auch wenn dieser beispielsweise i. S. von Fachsprache insgesamt sprachbildend sein mag.
Ferner geht der genannte Runderlass davon aus, dass im Regelfall eine Zuordnung zu einem Bildungsgang nach zwei Jahren möglich sein wird, sofern hinreichende Deutschkenntnisse auf dem Sprachniveau B1 erreicht werden konnten. Für den gesteuerten Zweitspracherwerb wird von einem Gesamtvolumen von 800 Unterrichtsstunden, über zwei Jahre hinweg, ausgegangen. Unter Berücksichtigung der im Kapitel 2 dieser Handreichung ausgeführten Hinweise zum GeR ergibt sich dann folgende idealtypische Progression:
1. Lernjahr 2. Lernjahr Quartal 1 2 3 4 5 6 7 8 Niveau GeR A1- A1 A1+ A1/A2 A2- A2 A2+ A2/B1 U-Stunden 100 100 100 100 100 100 100 100 Ein Sonderfall dieser ersten Deutschförderphase ist dann gegeben, wenn neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler gemäß dem genannten Runderlass Nummer 3.4.2 eine Erstalphabetisierung im Rahmen der Deutschförderung zu durchlaufen haben, weil sie „schriftunerfahren“ sind (s. Kapitel 5 dieser Handreichung). In diesem Fall ist vorgesehen, dass die Deutschförderung mit einer gezielten Schriftsprachaneignung, die im Deutschförderkurs eingebettet ist, beginnt und sich max. über ein Jahr erstreckt: